REDE ZUR ERÖFFNUNG DER AUSSTELLUNG "A. LÖBBE - MALEREI"

Barbara Höpping über Arno Löbbe / Johannisloge Victoria zur Morgenröthe / 19. April 2013









Barbara Höpping spricht zur Ausstellungseröffnung im Logenhaus Hagen



Diese heißen Kirschen lassen niemanden kalt.... (hinter mir) ich komme gleich darauf zurück.

Lieber Arno Löbbe, sehr verehrte Gastgeber und Gastgeberinnen der Johannisloge Victoria zur Morgenröthe, die zu dieser schönen Ausstellung mit den wunderbaren Bildern einlädt.

Als Arno Löbbe mich bat, heute einführende Worte zu sprechen, habe ich ein wenig gezögert, denn wir kennen alle den Spruch „Ein Bild sagt mehr als 1 000 Worte.“
Und mit diesen Bildern können Sie einen Spaziergang durch die ganze Kunstgeschichte machen – von den Begründern der altniederländischen Malerei, den Gebrüdern van Eyck, im Mittelalter bis heute – ohne den arabischen Raum mitsamt Hinduismus auslassen zu müssen.
Die Gemälde Löbbes üben eine Sogkraft auf den Betrachter, die Betrachterin, aus, die kaum zu beschreiben ist.
Woran liegt das?
An den Motiven?
An den Farben?
Vor allem, so vermute ich, liegt es an dem Rausch, dem der Maler sich selbst bei seiner Arbeit hingibt.
Seine Gemälde atmen.
Sie geben die Intuition des Malenden ohne Umweg direkt weiter an die Betrachtenden. Wer für die Kunst Löbbes empfänglich ist, kommt diesem Geheimnis ihrer Ausstrahlung auf die Spur.
Wer sich nicht einlassen will, tut die phantastischen Welten als Kitsch ab:
„Viel zu gegenständlich“.
„Unkritische Märchenillustrationen!“. Wer das meint, sollte nicht überzeugt werden...
Die Gemälde Löbbes –ob Öl, Aquarell oder Grafik – entführen in andere Sphären.
Mit seinen Gestalten lässt es sich abheben. Ihre Schönheit ist verlockend, äußerst rätselhaft, oft nicht definierbar, ob Mann, ob Frau. Der „Prinz“ auf der Einladung kann genauso gut eine Prinzessin sein. Sie sind edel in ihrer Prächtigkeit, manchmal streng in ihrer Eleganz wie zum Beispiel „Der Wächter“ (Internet). Die Figuren wecken Begehrlichkeiten und halten auf bewundernde Distanz.

Das macht sie so anziehend!

In den Augen, dem Schmuck, den Landschaften kann sich der Blick verlieren. Erinnerungen an Märchen aus der Kindheit steigen auf; wir dürfen träumen.
Das ist die eine Seite von Arno Löbbe. Die andere konfrontiert mit einer eigenartigen Brutalität in der Präzision der Darstellung. Nehmen wir die Waffel mit den heißen Kirschen und der zerfließenden Sahne:
Lecker?
Gletscher?
Eingeweide?
Erbrochenes?
Kulinarisch?
Wollen Sie das gleich verspeisen?
Oder wird’s Ihnen schlecht?
Die Dimension des Dargestellten macht das Abstoßende von Essensresten deutlich.

Ich will noch weitergehen:

Von Essensresten, die es nur in unserer Überflussgesellschaft gibt, während in anderen Ländern und Kontinenten die Menschen verhungern!
Dieses Gemälde kann als Provokation interpretiert werden.

Ein anderes Bild ist „Der gefallene Engel“:
Ein schönes Wesen zerschellt auf harten, kalten Fliesen. In seinen Konturen und Farben sieht das Gemälde auf Anhieb zart aus. Bei genauem Hinsehen ist es erschreckend grausam. (Internet)

Arno Löbbe, meine Herren, meine Damen, ist kein Märchenprinz.

Nehmen wir das Bild „Heilige Kuh“:
Die Abbildung des indischen Rindes, das umringt von Frauen auf einem Haufen Euros steht, symbolisiert das „Goldene Kalb“: Macht, Sex und Geld regieren die Welt.
Oder „Der Krieg und der Lotus“ aus den Jahren 2010/2011. Die bezaubernde Blume wirkt fleischfressend und lässt die heranrückenden Krieger, wenn auch verschwommen aus dem Hintergrund anrückend, noch martialischer aussehen.

Aber das ist doch alles völlig unmodern:

Löbbe malt nicht abstrakt,
er macht keine Installationen.
Stimmt eben nicht:
Seine „Pieta“, das unscharfe Gemälde einer eilenden Frau, würde auch Gerhard Richter erstaunen. (Internet) Gemalt wird auch hier in meisterlicher Schicht-Technik, minutiös und stundenlang – so wie die alten Meister und so wie Löbbe es in Wien an der Kunstakademie studiert hat.
„Eine Ausstellung wird sein, als öffne man das Pharaonengrab eines neuen Tutanchamun“, so formulierte der junge Arno Löbbe einst sein Manifest etwas vollmundig.
Aber so ganz unrecht hatte er ja nicht – angesichts dieser heutigen Ausstellung, die einer Schatzkammer gleicht, wo es unendlich viel zu entdecken gibt.

Löbbe wird gerne dem „Phantastischen Realismus“ zugeordnet, auch dem Surrealismus - Dali war zu Beginn seiner Karriere tatsächlich für ihn eine Offenbarung. Auch von Foto- oder Hyperrealismus ist die Rede.
Immer Realismus!
Anscheinend malt er das Fassbare. Dabei haben seine Bilder diese – ja – bedrohliche Tiefe und unnahbare Aura.
Bei Aura sind wir ganz nah bei Aurora ...
Und bei Aurora bei der „Morgenröte“.

Ich habe Ihnen etwas mitgebracht –selbstverständlich mit dem Einverständnis des Künstlers.
Ein Bild mit einer märchenhaften Gestalt. Es stammt aus dem Jahre 1996.

Es hat keinen Titel.
Es hat auf Sie gewartet.

Ich finde DAS ist :
„Victoria zur Morgenröthe“.

Sie gehört hier in diese Loge.

Sie ist noch zu haben.

Vielen Dank!

Barbara Höpping